Über die Sammlung Prinzhorn
Der historische Bestand
Die Sammlung Prinzhorn ist ein Museum für Kunst von Menschen mit psychischen Ausnahme-Erfahrungen. Ihr bekannter historischer Bestand umfasst ca. 8000 Zeichnungen, Aquarelle, Gemälde, Skulpturen, Textilien und Texte, die Insass*innen psychiatrischer Anstalten zwischen 1840 und 1945 geschaffen haben. Dieser weltweit einzigartige Fundus wurde zum größten Teil von dem Kunsthistoriker und Psychiater Hans Prinzhorn (1886–1933) während seiner Zeit als Assistenzarzt an der Psychiatrischen Klinik der Universität Heidelberg zusammengetragen. Zu den bekanntesten Künstler*innen/Autor*innen des historischen Bestandes zählen Else Blankenhorn, Franz Karl Bühler, Karl Genzel, Paul Goesch, Emma Hauck, August Klett, August Natterer, Agnes Richter, Joseph Schneller, Barbara Suckfüll und Adolf Wölfli.
Die Geschichte der Sammlung
1919–21 verfasst Hans Prinzhorn mit dem damaligen Klinikleiter Karl Wilmanns Schreiben an Psychiatrien im deutschsprachigen Raum, in denen er um künstlerische Patientenwerke zum Aufbau eines Museums für psychopathologische Kunst bittet.
1922 publiziert Prinzhorn auf der Grundlage der Sammlung seine reich illustrierte Studie „Bildnerei der Geisteskranken“, die viele Kunstinteressierte und Künstler*innen seiner Zeit anspricht und zur Bilderbibel der Surrealisten wird. Mehrfach wieder aufgelegt und in verschiedene Sprachen übersetzt, bleibt das Buch ein Klassiker.
1938 übergibt Klinikdirektor Carl Schneider Werke der Sammlung der Wanderausstellung „Entartete Kunst“. In der Ausstellung werden sie als pathologisches Vergleichsmaterial zur Kunst der Moderne missbraucht.
Nach dem Krieg vergessen, wird 1963 die Sammlung von Harald Szeemann wieder entdeckt. Er zeigt eine Auswahl in der Kunsthalle Bern. Es folgen nationale und internationale Ausstellungen, welche die Sammlung erneut bekannt machen.
2001 erhält die Sammlung endlich ein eigenes Museumsgebäude, einen umgebauten alten Hörsaal der Neurologie auf dem Gelände des alten Universitätsklinikums in Heidelberg.
Die Sammlung heute
Seit 1980 wächst die Sammlung erneut durch Kunst von Psychiatrie-Erfahrenen. Dieser neuere Bestand umfasst mittlerweile ca. 40.000 Werke. Darunter sind Arbeiten von Friedrich Boss, Gudrun Biersky, Vanda Vieira-Schmidt, Sonja Gerstner, Alfred Stief und Dietrich Orth. Um zukünftig regelmäßig Neuzugänge präsentieren zu können, ist ein Erweiterungsbau geplant.
Das Museum Sammlung Prinzhorn – Ausstellungen und Forschung
Das Museum zeigt jährlich zwei bis drei thematische Ausstellungen. Ziel des Museums ist es, zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankung beizutragen. Über Kontextualisierung und Deutung künstlerischer Werke, die von psychischen Ausnahme-Erfahrungen und ihren gesellschaftlichen Folgen geprägt sind, leistet es einen Beitrag zur Inklusion betroffener Menschen. Als Teil des Universitätsklinikums Heidelberg versteht sich das Haus aber nicht nur als Museum und Ausstellungsort, sondern auch als wissenschaftliche Einrichtung, die das Schicksal der hier vertretenen Künstler*innen, ihre Werke und übergeordnete Fragestellungen erforscht. Deshalb können Wissenschaftler*innen, Künstler*innen und andere fachlich Interessierte nach Absprache Einsicht in Archiv- und Depotbestände des Museums erhalten. Für Auskünfte und Informationen stehen die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen des Museums gerne zur Verfügung.