Outsider Art
Definition
Der Begriff „Outsider Art“ bezeichnet verblüffend originelle künstlerische Werke, deren Sprache abseits gleichzeitiger oder zurückliegender Hochkunst oder Populärkultur liegt, weil entweder ihre Urheber nicht in den Kunstbetrieb eingebunden sind oder weil diese einzelne oder eine Gruppe ihrer Schöpfungen nicht als Teil ihres eigentlichen künstlerischen Outputs sehen. In der Regel wird Outsider Art aus einer besonderen existenziellen Gegebenheit (geistige Behinderung, Entwicklungsstörung), einem besonderen psychischen Zustand (Wachtraumerleben oder mediumistische Trance) oder aber aus einem besonderen existenziellen Impuls heraus geschaffen, der genauso einem Verlust herkömmlicher Bindung an die Wirklichkeit entspringen kann wie einem Trauma von unterschiedlicher Schwere. Solche Befindlichkeiten erzeugen bei manchen entsprechend Begabten einen großen Drang zum bildnerischen Gestalten und/oder Mitteilen, der alle verfügbare Kreativität mobilisiert und rasch zu einer in sich stimmigen und unhinterfragten neuen Form findet. Diese kann sich weiterentwickeln, aber zumeist nur in bestimmten Grenzen, da sie wesentlich zur (neuen) Stabilisierung ihres Schöpfers beiträgt. Art brut bezeichnet heute (vor allem in frankophonen Ländern) nahezu dasselbe wie Outsider Art, die Fürsprecher ersterer sind oftmals nur rigider im Abwehren von Anlagerungen anderer randständiger Formen von Kunst.
Heutige Problematisierung des Begriffes
Der Begriff befindet sich in einer kritischen Phase seiner Entwicklung. Zum einen hat er sich als Bezeichnung für eine eigensinnige Form der Kunst allmählich im Kunstbetrieb und auf dem Kunstmarkt durchgesetzt, zum anderen wird er gerade deshalb von Kunstkritikern mehr und mehr problematisiert. Man könnte argumentieren, dass seine Aufgabe ohnehin darin besteht, sich überflüssig zu machen.
Eine wirkliche, gleichberechtigte Integration (im Sinne von Inklusion) der Outsider Art in den Kunstbetrieb wird allerdings erst dann erreicht sein, wenn wir auch unsere Auffassung von Kunst allgemein erweitert haben und hinter den Werken in Ausstellungen nicht mehr nur Menschen mit einem Wirklichkeitszugang erwarten, der unserem eigenen weitgehend gleicht, sondern offen sind für eine Fülle von alternativen Botschaften, so eigensinnig und abwegig sie erscheinen mögen.
Ausstellungsansicht der Werke von Harald Bender im Museum Sammlung Prinzhorn © Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg