Hans Prinzhorn
Hans Prinzhorn (Hemer/Westf. 1886–1933 München), Sohn eines Papierfabrikanten, hatte 1904–1908 Kunstgeschichte und Philosophie in Tübingen, Leipzig und München studiert. Nach der Promotion nahm er intensiv Gesangsunterricht. Doch reichte letztlich die Stimme nicht für eine künstlerische Karriere. 1913 begann Prinzhorn schließlich noch ein Medizinstudium, das er 1919 mit einer zweiten Promotion in Heidelberg abschloss.
Bildnerei der Geisteskranken (1922) war Prinzhorns erstes Buch. Ein Nachfolgeprojekt, „Bildnerei der Gefangenen“ (1926), hatte wenig Erfolg. Das Schwergewicht der folgenden zahlreichen Publikationen lag auf dem Gebiet der Psychotherapie. Prinzhorns origineller Ansatz einer Leib-Seele-Einheit, der die Lebensphilosophie von Ludwig Klages (1872–1956), die Idee einer Anthropologie von Max Scheler (1874–1928) und psychotherapeutische Ansätze zu verknüpfen suchte, wurde respektiert.
Nach seiner Zeit an der Heidelberger Psychiatrischen Universitätsklinik 1919–1921 hatte er Stellungen an Kliniken und Sanatorien in Zürich, Dresden und Wiesbaden, bis er sich 1925 mit eigener psychotherapeutischer Praxis in Frankfurt am Main niederließ. Er war zudem ein gefragter Redner im In- und Ausland, machte 1929 sogar auf Einladung eine Vortragsreise durch US-amerikanische Universitäten. Doch er blieb Außenseiter, erhielt keine akademische Position und so zog er sich langsam aus der Öffentlichkeit zurück.
Seit den späten 20er Jahren glaubte Prinzhorn, das (kultur-)politische Geschick Deutschlands mitbestimmen und Einfluss auf die erstarkende Rechte nehmen zu können. In der Artikelfolge „Über den Nationalsozialismus“, die 1930–1932 in der konservativen Zeitschrift Der Ring erschien, kritisierte er Aspekte und Praktiken der Bewegung aus psychologischer Perspektive. Letztlich entschuldigte er jedoch das Vorgehen der Partei gegen andere politische und weltanschauliche Gruppierungen sowie gegen gesellschaftliche Minderheiten immer wieder mit besonderen „Härten“ der Zeit und rief zur Wahl Hitlers auf.
Aus dieser Perspektive ist auch Prinzhorns Plan einer „freinationalen“ Kulturzeitschrift zu verstehen, für den er 1931 nach München übersiedelte. Dort unterstützte der mit Hitler befreundete Verleger Hugo Bruckmann das Projekt, über den Prinzhorn Alfred Rosenberg, den Leiter des „Kampfbundes für deutsche Kultur“, zu gewinnen hoffte. Doch auch daraus wurde letztlich nichts.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 erlebte Prinzhorn noch. Bereits wenige Wochen darauf, am 14. Juni, verstarb er mit nur 47 Jahren in einem Münchner Krankenhaus an Typhus, den er sich auf einer Italienreise zugezogen hatte.