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01.06.2024…

"AUSSENSEITEN“ AB JUNI

MEHRDAD ZAERI UND DIE „DUFTSÄCKCHEN AUS BESSEREN ZEITEN“

Das Haus am Wehrsteg (Heidelberg, verlängerte Uferstr. / Ende der Neckarwiese am Wehrsteg) lässt Comic auf die Sammlung Prinzhorn treffen: In seiner Arbeit „Duftsäckchen aus besseren Zeiten“ beschäftigt sich der Mannheimer Illustrator und Comiczeichner Mehrdad Zaeri (*1970) mit der Künstlerin Martina Kügler (1945–2017) aus der Sammlung Prinzhorn. Ab 1. Juni ist das Werk, auf eine großformatige Plane gedruckt, an der Fassade des Haus am Wehrsteg zu sehen.

Für die „Außenseiten“ hat Zaeri die Zeichnung „Riechsäckchen“ der Künstlerin Martina Kügler neu interpretiert. Die Zeichnung fesselte ihn sofort, denn schon als Jugendlicher träumte er davon, die Düfte des Lebens zu konservieren. Wie im Original steht bei Zaeri eine Frau im Mittelpunkt. An ihren Haaren hängen kleine Säckchen, die mit Schnüren befestigt sind. Das auffällige rote Gewand der Figur erinnert an Flügel, während die leichte und dennoch sichere Linienführung die Darstellung intensiviert. Den Titel Riechsäckchen hat Zaeri leicht variiert beibehalten und wie Kügler in der Zeichnung festgehalten. Zaeri stellt fest, dass Düfte bei ihm nicht das Verlangen nach einem anderen Ort auslösen, sondern nach seiner Kindheit. Den Gedanken, diese Duftsäckchen wie bei Martina Kügler an die Haare zu binden, findet er wunderschön. Man habe sie so immer bei sich.

Martina Kügler diente meist Papier als Untergrund für Lithographien und Zeichnungen . Sie hinterließ zudem eine Vielzahl eigener Gedichte, die ihr Schaffen begleiteten. In einem dieser Gedichte spricht sie von „Untieren des Gemüts“ – ein Verweis auf ihre psychische Verfasstheit, denn Kügler litt unter Schizophrenie. Ihre psychischen Ausnahmeerfahrungen und Psychiatrieaufenthalte hat sie immer wieder in ihren Texten thematisiert. So beziehen sich auch ihre Arbeiten immer wieder auf ein verletzliches, gefährdetes Ich. Die Nähe zum expressionistischen Dichter Gottfried Benn ist offensichtlich: immer wieder integrierte Kügler Verse von Benn in ihre Ausstellungen. Ihre Bleistiftzeichnung „Riechsäckchen“ zeigt die stark in die Länge gezogene Silhouette einer entblößten Frau. An ihren Haaren baumeln zwei Kugeln und ein Säckchen – vermutlich die titelgebenden „Riechsäckchen“. Der verzerrte Körper der Frau wirkt poetisch-surreal.

Heute befinden sich mehr als 220 Werke Küglers in der Sammlung Prinzhorn. Einige von Ihnen sind in der aktuellen Ausstellung „Neues aus der Sammlung (1835–2024). Entdeckungen und Erwerbungen“ im Museum Sammlung Prinzhorn zu sehen (bis 15. September 2024). In dieser Ausstellung sind zudem die Originale vergangener „Außenseiten“ etwa von Anna Haifisch, Henning Wagenbreth und Mawil ausgestellt. Im Podcast zu den „Außenseiten“ (https://anchor.fm/aussenseiten) kann man auch in die aktuelle Folge hineinhören.

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