21.01.2025 Museum…

»Und wann kann ich wieder zu meiner Zwiebelfeuerfresserkunst zurückkehren?«*

Museum Sammlung Prinzhorn und Universitätsbibliothek Heidelberg stellen Briefe der Künstlerin Elfriede Lohse-Wächtler online

2021 konnte das Museum Sammlung Prinzhorn am Universitätsklinikum Heidelberg den Nachlass der Ausnahmekünstlerin Elfriede Lohse-Wächtler erwerben. 2023 stellte das Museum eine Ausstellung jener Werke vor, die seitdem Teil der Sammlung Prinzhorn sind. Kürzlich wurde nun der bedeutendste dokumentarische Teil ihres Nachlasses – ihre Briefe – online zugänglich gemacht. In Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek Heidelberg wurden diese digitalisiert und stehen nun auf der Plattform arthistoricum.net für Forschungszwecke zur Verfügung. Die Briefe gewähren Einblicke in die Sorgen und Nöte der Künstlerin, in ihre Arbeitsprojekte und ihren Humor.

Elfriede Lohse-Wächtler wird seit den 90er Jahren als Künstlerin wiederentdeckt. Heute gilt sie als eine wichtige weibliche Vertreterin der deutschen Kunst zwischen den Weltkriegen. Die Dresdnerin arbeitete im Umkreis um Otto Dix, Conrad Felixmüller und Otto Griebel. Nach 1925 fand sie in Hamburg zu einer eigenen expressiven Variante der Neuen Sachlichkeit, hatte aber kaum finanziellen Erfolg. Einem ersten kurzen, Psychiatrieaufenthalt 1929 folgte eine besonders produktive Schaffensphase, doch auch weiterer sozialer Abstieg. 1931 ging sie zu den Eltern nach Dresden zurück und kam 1932 dauerhaft in die Landes-Heil- und Pflege-Anstalt Arnsdorf, wo sie weiterhin als Künstlerin arbeitete. 1940 wurde sie in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein von nationalsozialistischen Ärzten ermordet, als Opfer der so genannten „Euthanasie“. Ihre Kunst geriet in Vergessenheit und war lange Zeit von ihrer tragischen Lebensgeschichte überschattet. Aktuell widmet ihr das Ernst Barlachhaus in Hamburg anlässlich ihres 125. Geburtstages eine umfassende Einzelausstellung. Im Museum Sammlung Prinzhorn ist sie mittlerweile eine der Künstler*innen, deren Werke am häufigsten für externe Ausstellungen angefragt werden. Und dennoch hat die vertiefte Erforschung von ihrem Leben und Werk eigentlich gerade erst begonnen.

Zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit ihrem Werk tragen auch die 60 auf arthistoricum.net veröffentlichten Briefe und Postkarten aus der Sammlung Prinzhorn bei. Sie stammen aus dem Nachlass des Bruders Hubert Wächtler und sind überwiegend an ihn sowie die Eltern, Sidonie und (Gustav) Adolf Wächtler, adressiert. Nur drei der Briefe richten sich an außenstehende Personen: ein Schreiben von 1928 ist an die Hamburger Senatskommission für die Kunstpflege adressiert, die beiden anderen, die im März 1932, kurz vor Lohse-Wächtlers Einweisung in die psychiatrische Anstalt Arnsdorf verfasst und offenbar nicht abgeschickt wurden, schrieb sie im Krankenhaus Löbtau an die in Dresden lebende Auftraggeberin Lene Müntnzer und die Hamburger Goldschmiedin Kät(h)e Bub. Im nächsten Schritt plant das Museum Sammlung Prinzhorn, die Korrespondenz wissenschaftlich auszuwerten und in einer digitalen Edition zu veröffentlichen. Die Briefe sollen dabei gemäß den Richtlinien der Text Encoding Initiative (TEI) im TEI-XML-Format transkribiert, editiert und kommentiert werden.

Links 

Zu den Briefen: https://doi.org/10.11588/diglit.70652

Zum Projekt: https://www.arthistoricum.net/themen/editionen/elw

In Kooperation mit der Universitätsbibliothek Heidelberg

*Zitat aus: Brief von Elfriede Lohse-Wächtler an ihre Eltern, Landes-Heil- und Pflegeanstalt Arnsdorf, 11. Sept. 1932, Sammlung Prinzhorn, Inv.Nr. 8600/548 (2020)

Link zum Brief: https://doi.org/10.11588/diglit.70514#0001

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