Collection Artists

Joseph Schneller

(Westerham b. Holzkirchen 1878–1943 Anstalt Eglfing b. München)

Schneller, Bauzeichner bei der Königlich Bayerischen Staatseisenbahn, begann 1905, Stimmen zu hören. Auch von Erscheinungen am Himmel berichtete er. 1907 hielt er es schließlich im Büro nicht mehr aus. Er war sicher, dass man ihn umbringen wollte, hörte "überall flüsternde Stimmen, die etwas gegen ihn planten". In der Psychiatrischen Universitätsklinik München wurde die Diagnose „Katatonie“ gestellt und Schneller in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing überwiesen. Hier verbrachte er die Jahrzehnte bis zu seinem Tod.

In der Anstalt verlangte er in vielen Schreiben an die Bayerische Landesregierung und den Regenten seine Entlassung. Hinter seiner Einweisung vermutete er zum einen die Empörung seiner Umwelt gegen seine sadomasochistischen sexuellen Ausschweifungen, zum anderen seine Verwendung für die "künstliche Erhaltung der bejahrten Mitglieder" verschiedener Königshäuser durch "Organe- und Extremitäten-Substanzen-Auswechslungs-Transmission“. Überdies meinte er, über einen Stromkreis gewissen "verheirateten Damen" ausgeliefert zu sein. Sie ließen an seinen Genitalien manipulieren und sich indirekt von ihm befriedigen. Solange seine Leiden andauerten, betitelte er sich als "Kanal, Welt-Natur-Leiter".

Seit 1908 zeichnete Schneller viel, Architekturentwürfe, kosmologische Bilder, vor allem aber Werke sadomasochistischer Thematik, die er bald zu einem Buch, dem sogenannten "Sadistischen Lebenswerk", zusammenfasste. 1919 gab er das „dicke Faszikel in Quartformat“ Prinzhorn „zur Aufnahme in ein dort zu errichtendes Museum" mit. Schon bald darauf erhob er allerdings wütende Klagen über diesen „Diebstahl“. Mehr als zehn Jahre beschäftigte ihn der Verlust, den er immer höher bezifferte.

1936 jedoch arbeitete Schneller wieder an einem ambitionierten Projekt. Das „Lustspurdepot“ sollte ein gigantisches Bordell werden, mit seinen eigenen Bildern ausgeschmückt. Leider hat sich von den Plänen nichts erhalten. Auch später noch verfolgte der Bauzeichner hartnäckig seine Phantasien. So heißt es 1941: "Lehnt jede Beschäftigung ab, zeichnet höchstens in irgend einer Saalecke für sich, hütet sich aber mißtrauisch, seine Kunstprodukte herzuzeigen."

Im Juli 1943 stirbt Schneller an chronischer Lungen-Tbc. - einer typischen Folge langen Hungerns.

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